1. Heilen
1. Heilen,
[
1069-1070] verb. reg. welches von dem
Bey- und Nebenworte heil abstammet, und in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als
ein Neutrum, welches das Hülfswort seyn erfordert, heil werden; wo es doch nur
von Wunden und äußern Schäden gebraucht wird. Die Wunde heilet schon, ist
geheilet. Katzenbisse heilen schwer. Bey den Schwäbischen Dichtern kommt auch
das verlängerte Alemannische geheilen in weiterer Bedeutung für genesen, gesund
werden, vor.
Das habent mir ir schoenin ougen getan Das ich niemer me
geheilen kan, Ulrich v. Guotenburg.
Im Nieders. helen, im Angels. halian. II. Als ein Activum. 1.
* Eigentlich, ganz machen, besonders, was zerbrochen, zerrissen, zerstücket
ist. Da alles Volk zu ihm trat, heilete er den Altar des Herren, der zerbrochen
war, 1 Kön. 18, 30; d. i. er besserte ihn aus, stellete ihn wieder her. Im
Hochdeutschen ist diese Bedeutung veraltet, wo man sie nur noch zuweilen im
Scherze als eine Figur der folgenden Bedeutungen gebraucht. 2. In engerer
Bedeutung, von Wunden, Geschwüren und anderen Schäden und Verletzungen des
Leibes. Der Wundarzt heilete die Wunde in kurzer Zeit. Das Pflaster wird die
Wunde bald heilen. Einen Bruch, ein Geschwür, eine Fistel heilen. 3. Figürlich.
1) Von Krankheiten des Leibes befreyen, genesen machen; mit dem Vorworte von.
Jemanden von der Blindheit, von dem Fieber, von dem Podagra u. s. f. heilen.
Ingleichen mit der vierten Endung der Person, mit Auslassung der Krankheit oder
des Gebrechens. Einen Kranken heilen. Er heilete ihn also, daß der Blinde und
Stumme beyde redete und sah, Matth. 12, 22. So auch mit der vierten Endung der
Sache, wenn die Person verschwiegen wird. Eine Krankheit, ein Gebrechen heilen.
Eine Arzeney, welche alle Krankheiten heilet. Im gemeinen Leben ist dieses Wort
durch das ausländische curiren beynahe ganz verdränget worden; allein in der
edlern Schreibart hat es noch immer seine Stelle behauptet. 2) Von einem Grame,
von einem Kummer befreyen; in der edlen Schreibart, und nur mit dem Vorworte
von oder mit der vierten Endung der Sache. Nichts als eine außerordentliche
Veränderung wird sie von ihrem Kummer heilen, Weiße. 3) Von Unvollkommenheiten,
Gebrechen des Geistes und der Seele befreyen; wo es doch nur in der Sprache der
Gottesgelehrten, nach dem Vorgange der Deutschen Bibel, in allen den
Wortfügungen üblich ist, in welchen es von leiblichen Krankheiten gebraucht
wird. Heile mich Herr, Ps. 6, 3. Von dem Ungehorsam heilen, Ier. 3, 22. Und so
in andern Stellen mehr. Daher das Hauptwort die Heilung, die Handlung des
Heilens, in allen obigen Fällen. Anm. Bey dem Ottfried heilan, im Nieders.
helen, im Dän. heele, im Engl. to heal, im Schwed. hela, bey dem Ulphilas
hailjan. [
1071-1072]