Die Handlung
Die Handlung,
[
955-956] plur. die -en, von dem
Zeitworte handeln. 1. In dessen ersten Bedeutung, dasjenige Geschäft, da man
Waaren um Gewinnes willen kaufet und verkaufet. 1) Eigentlich, und ohne Plural,
als ein Collectivum, von mehrern einzelnen dahin gehörigen Geschäften, wo es in
der anständigen Sprechart vor dem Worte Handel gern den Vorzug hat. Ein Land in
welchem die Handlung blühet. Die Handlung nach Frankreich, nach Ostindien. Die
Handlung erlernen. Sich der Handlung widmen. Statt der zusammen gesetzten
Weinhandlung, Lederhandlung, Hornhandlung u. s. f. sagt man lieber Weinhandel,
Lederhandel u. s. f. 2) Ein Kaufmann, wo es doch nur von ansehnlichen großen
Kaufleuten gebraucht wird, und zunächst den ganzen Umfang ihrer
Handlungsgeschäfte bezeichnet; ein Handelshaus. Die Richtersche Handlung in
Leipzig. In der Fregischen Handlung Diener seyn. In diesem Verstande sagt man
auch eine Weinhandlung, Seidenhandlung, Spezereyhandlung u. s. f. Zuweilen
bezeichnet es auch das Recht zu handeln mit den vorräthigen Waaren und
Bequemlichkeiten, wo es auch von geringern Anstalten dieser Art gebraucht
werden kann. Eine Handlung verkaufen, an sich kaufen. Eine Handlung anlegen,
errichten. 2. In weiterer Bedeutung, eine durch Vorstellung bewirkte äußerer
einigen Veränderung, einer Bewegung des Leibes, welche von dem Willen
herrühret. In diesem Verstande gebraucht man es in den bildenden Künsten, für
das Franz. Action, von der Stellung und Unordnung des Körpers und seiner
Theile, besonders des Gesichtes, wenn sie dem Gegenstande gemäß ausgedruckt
sind. 3. In den Schauspielen ist die Handlung ein Theil des Drama, welche eine
Reihen von Veränderungen in sich fasset, welche zusammen genommen ein Ganzes
ausmachen; nach dem Latein. Actus, Ital. Atto, Franz. Acte. Man nennet eine
solche Handlung auch einen Aufzug, weil bey jeder neuen Handlung gemeiniglich
auch der Vorhang aufgezogen wird. In den Schauspielen des 15ten und 16ten
Jahrhundertes findet man dafür die Ausdrücke Geschichte, Übung und Wirkung
gebraucht. In engerer Bedeutung ist in einem Schauspiele die Handlung, das aus
allen zusammen gehörigen Veränderungen entstehende Ganze; und in diesem
Verstande verlangt man, daß in einem Schauspiele nur Eine Handlung seyn soll.
4. In der weitesten Bedeutung, eine jede aus einer Vorstellung herrührende
eigene Veränderung, die Anwendung seiner Kraft; wo es ein sehr allgemeiner
Ausdruck ist, der in den neuern Zeiten vorzüglich üblich geworden. Äußere
Handlungen, solche Bewegungen des Leibes. Innere Handlungen, Gedanken der
Seele. Freye Handlungen, welche aus freyer Wahl geschehen. Eine gute, eine böse
Handlung. In noch weiterer Bedeutung haben einige alle leidentliche
Veränderungen mit unter den Nahmen der Handlungen begreifen wollen. Allein,
dadurch wird das Bild, welches in diesem Worte lieget, zu sehr aus den Augen
gesetzet und verunstaltet; indem handeln so wohl Thätigkeit als Vorsatz mit
einschließet. Allenfalls ließen sich noch die ohne unser Bewußtseyn und Vorsatz
erfolgenden eigenen Veränderungen, z. B. die Verdauung, hierher rechen, und mit
dem Nahmen der natürlichen Handlungen belegen, weil sie wirklich thätig sing.,
obgleich der Antheil, den unsere Seele daran nimmt, uns noch unbekannt ist.
Anm. In der zweyten, dritten und vierten Bedeutung des Zeitwortes wird es im
Hochdeutschen nur in den Zusammensetzungen Unterhandlung, Behandlung,
Abhandlung, Verhandlung, Friedenshandlung u. s. f. gebraucht
Ob si mih eine gerne siht Was bedarf ich gueter handelunge me,
d. i. guter Begegnung, Behandlung, Reinmar der Alte. In der
ersten Bedeutung gebraucht man es zwar auch in eben denjenigen
Zusammensetzungen, welche man auch mit Handel macht; Handlungsbedienter,
Handlungsbuch, Handlungsrecht u. s. f. indessen sind sie doch im täglichen
Umgange mit dem ersten Worte häufiger. [
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