Der Hahnrey
Der Hahnrey,
[
903-904] des -es, plur. die -e, im
gemeinen Leben, eine schimpfliche Benennung eines Ehemannes, dessen Gattinn die
eheliche Treue verletzet; ein Hörnerträger. Ein Hahnrey seyn, eine untreue Frau
haben, Hörner tragen. Eine Frau macht ihren Mann zum Hahnreye, oder setzt ihm
Hörner auf, wenn sie ihm untreu wird. Bav macht Tullium zum Hahnrey, oder setzt
ihm Hörner auf, wenn er dessen Gattinn zur Untreue verleitet. Daher die
Hahnreyschaft, die Eigenschaft, der Stand eines Hahnreyes. Anm. Dieses Wort
lautet im Nieders. Dän. und Schwed. gleichfalls Hanrei. In den beyden letzten
Sprachen ist es, dem Ihre zu Folge, fremd, und vermuthlich von den Deutschen
angenommen worden. Man hat von diesem dunkel Worte eine Menge Ableitungen,
wovon eine die andere an Zwang und Unwahrscheinlichkeit übertrifft. Leibnitz
leitete es von Hahn und dem alten ri, Isländ. runa, schneiden her, und erklärte
es durch einen geschnittenen Hahn, oder Kapaun; Eckard leitete die letzte
Hälfte des Wortes von rehe, müde, ab, und sahe in dem Hahnrey weiter nichts,
als einen abgematteten zu seiner Bestimmung untauglichen Hahn. Wachter fiel auf
das Angels. Heanra, Volk, Pöbel, und das Isländ. ria, spotten, und erklärete es
durch aller Leute Spott. Ihre bringt das alte Bretagnische Hannerey, die
Hälfte, in Vorschlag, und glaubt, man könne Hahnrey diesem Worte zu Folge durch
einen Ehemann erklären, der der Vorrechte seines Ehebettes nur halb genießet.
Anderer zu geschweigen. Bey diesen Umständen bleibt Frischens Muthmaßung immer
noch die wahrscheinlichste, welcher dafür hält, daß dieses Wort aus dem
Italiänischen Cornaro verderbt worden; welches dadurch glaublich wird, weil die
Benennung eines Hörnerträgers sehr alt ist, und schon bey den Römern üblich
war, (
S. Horn,) übrigens auch dir Verderbniß der Sitten für
das ganze westliche und mitternächtige Europa aus Italien seinen Ursprung hat,
da denn nicht selten auch die Nahmen zugleich mit eingeführet worden. Frisch
hat dieses Wort bey dem Matthesius im sechzehenten Jahrhunderte zuerst
gefunden, der es aber in beyden Geschlechtern. so wohl von einem Hurer als von
einer Hure gebraucht. Opitz und Logau haben das sonst ungewöhnliche Zeitwort
hahnen, zum Hahnrey machen.
Wie oft ist Reu ankommen Dem lieben Feuergott, daß er
geoffenbahrt, Gradiv, die eigne Smach, als er gehahnet ward, Opitz. Das Hahnen
kömmt von dir, ebend.
Allein es scheinet, daß dieses ein selbst gemachtes Wort ist,
wozu bloß die unrichtige Erklärung der ersten Sylbe in dem Worte Hahnrey Anlaß
gegeben. Indessen ist doch die Anspielung auf einen Hahn in den
gleichbedeutenden Wörtern anderer Sprachen schon sehr alt. Von dem
Französischen Coq, ein Hahn, scheinen die mittlern Latein. Cugus, Cucussus,
Cucuciatus, Cucutus, Cucullus, die alten Französ. Ausdrucke Couz, Couyoul,
Coucuol, Coquart, Coquillard, Hugho, wofür die heutigen Franzosen Cocu sagen,
und das Engl. Cuckold, abzustammen, ob man sie gleich gemeiniglich von
Guckguck, Lat. Cuculus, ableitet, und für eine Anspielung auf die bekannte
Erzählung hält, daß der Guckguck seine Eyer in das Nest einer Grasmücke lege,
und von derselben ausbrüten lasse; da denn aber Hahnrey und Cocu eigentlich den
Hahnreymacher bedeuten müßten, welches aber nicht leicht wird erwiesen werden
können. Richtiger nannten die alten Römer einen Hahnrey Curruca, welches Wort
eigentlich der Nahme der Grasmücke ist, woraus im mittlern Latein. Coruca
geworden. Übrigens wurde ein Hahnrey im mittlern Lateine auch Cucurbita,
Minarius, Minnarius, Nima, Nimuarus, Niminvir, ingleichen Copaudus, im Französ.
ehedem Coppau, Coupaut, Copereau, Couers, Couppere genannt, daher accouppaudir
jemanden zum Hahnrey machen bedeutete. So fern eine Frau ihren Mann zu Hahnrey
macht, wird solches in einer Französ. Urkunde von 1475 faire Jean genannt,
S. Hans. Die Ital. Benennungen Becco, Becconazzo,
Cornuto, Cornaro, sind bekannt. Die Longobarden nannten einen solchen Ehemann
Arga, und in Niedersachsen heißt er Dudeldop, welches aber eigentlich einen
schläfrigen, einfältigen Menschen bedeu- [
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daher Frischens Ableitung von einem Düthorne hier wohl nicht Statt finden kann.
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