Geziemen
Geziemen,
[
677-678] verb. reg. neutr. welches das
Hülfswort haben erfordert. Es ist das ohne Noth verlängerte Zeitwort ziemen,
welches aber durch geziemen in der anständigen Sprechart beynahe völlig
verdränget worden, und wird am häufigsten als ein unpersönliches Zeitwort,
wenigstens nie anders als in der dritten Person gebraucht. 1) Der Zeit, und in
weiterer Bedeutung, dem Orte, den Umständen gemäß seyn, mit dem Reciproco sich.
Es geziemet sich nicht, in der Kirche zu schlafen. Noch mehr aber, 2) dem
Wohlstande gemäß sein. Solche Lustbarkeiten geziemen meinem Alter nicht mehr.
Noch häufiger unpersönlich und mit dem Reciproco sich. Es geziemet sich nicht,
der Gasse zu schreyen. Wie es sich geziemet. Ingleichen mit der dritten Endung
der Person. Es geziemet Kindern nicht ältern Personen zu widersprechen. 3)
Recht, billig seyn, dem Rechte, der Billigkeit nach zukommen, für gebühren. Es
geziemet dir nicht, mit sechs Pferden zu fahren. Einem alle geziemende Ehre
erweisen, welche ihm geziemet, im Oberdeutschen. Leben, wie es seinem Stande
geziemet.
S. Ziemen. Anm. In der zweyten Bedeutung lautet es schon
bey dem Ulphilas gatiman, timan, bey dem Ottfried, gizamen und zimen. So
zimigotes manne, Ottfr. Dinero ecclesiae gezimet heiligheit, Notker. Wie wol
mir froide zeme, Reinmar der Alte. Im Nieders. tamen, tämen, im Schwed. so wohl
täme, als säme, söma, im Isländ. säma. Es stammet entweder von dem im Deutschen
veralteten Time, die Zeit, Engl. Time, Lat. Tempus, her, der Zeit gemäß seyn,
oder unmittelbar von dessen gleichfalls veralteten Stammworte, siemen,
scheinen, wovon noch das Franz. sembler übrig ist, da es denn in der ersten
eigentlichen Bedeutung wohl lassen, wohl anstehen, bedeuten würde. Das Engl. to
seem heiß so wohl scheinen, als auch sich schicken, und Seemliness der
Wohlstand. Im Isidor kommt auch das Hauptwort Zuomi, bey dem Ottfried Gizami,
für Wohlstand, ingleichen für Ehre vor, womit auch das Griech. $, anständig,
überein kommt.
S. auch - Sam, welche Endung gleichfalls hierher
gehöret.