Getreu
Getreu,
[
643-644] -er, -este, adj. et adv. das
verlängerte Wort treu, welches durch dasselbe, wenigstens in der edlen und
anständigen Sprechart aus verschiedenen seiner Bedeutungen verdränget worden.
Es bedeutet, 1. überhaupt, eine Person oder Sache, der man trauen, auf die man
sich verlassen kann; in welcher weitesten Bedeutung es so wie treu nur noch in
einigen Fällen üblich ist. Ein festes und getreues Gedächtniß. Gott ist getreu,
1 Cor. 1, 9. 2. Mit verschiedenen Einschränkungen. 1) Der Wahrheit völlig
gemäß. Eine getreue Copie, eine getreue Abschrift, welche dem Originale völlig
gemäß ist. Das Gemählde ist sehr getreu, gleicht dem Originale völlig. Eine
getreu Erzählung. Dieser Brief ist ein getreues Bildniß seines Herzens. Ein
getreues Bekenntniß seiner Fehler ablegen. Ingleichen Fertigkeit besitzend,
sich nie mit Vorsatze von der Wahrheit zu entfernen. Ein getreuer
Geschichtschreiber. Ein getreuer Mahler. 2) Seine Fähigkeiten auf eine
aufrichtige und beständige Art zu jemandes Besten gebrauchend. Ein alter
getreuer Diener. Jemanden getreu seyn. Lieber Getreuer, ist der gewöhnliche
Titel, welchen Fürsten ihren Ministern und Räthen in Kanzelleyen schreiben
geben, dagegen sie die Minister und Räthe eines andern Fürsten Lieber
Besonderer zu nennen pflegen. In engerm Verstande ist einer Person getreu seyn
oder bleiben, unter Personen zweyerley Geschlechtes, alles vermeiden was den
Rechten der geliebten Person Eintrag thut, und in engsten Verstande, sich der
Beywohnung anderer Personen enthalten. Ein getreuer Liebhaber, ein getreuer
Ehemann. Die Frau ist ihrem Manne nicht getreu. Ingleichen figürlich. Der
Wahrheit getreu seyn, sie nicht mit Vorsatz verletzer. Seinen Pflichten getreu
seyn, sie zu aller zeit mit Genauigkeit und Aufrichtigkeit erfüllen. Anm. Im
Isidor chitriuui, bey dem Ottfried gidriuu, gidriu, bey dem Notker ketriuue, im
gemeinen Leben nur treu.
S. Treu und Getreu. [
643-644]