Die Gemeinde, oder Gemeine
Die Gemeinde, oder Gemeine,
[
549-550] plur. die -n, von dem Bey- und
Nebenworte gemein. 1. Mehrere zu einem Zwecke mit einander verbundene Personen.
1) * Überhaupt, von einer jeden Gesellschaft; in welcher allgemein Bedeutung es
veraltet ist, ungeachtet es in der Deutschen Bibel mehrmahls von verschiedenen
größern und kleinern Gesellschaften vorkommt. Im Oberdeutschen wurde es ehedem
auch von einer Gesellschaft gebraucht, deren Absicht bloß die Vergnügung war.
Der auch schwätzt über Tisch allein Und läst nicht reden sein
Gemein,
seine Gesellschaft, Narrensch. Bl. 389. Ja von einem jeden
Haufen mehrerer Menschen.
Wer in der gemeinde munt Mit arger hinderrede kunt, Fabeln der
Schwäb Dichter, Fab. 53.
Daher kommt es Sprichw. 21, 16 sogar von den Verdammten in
der Hölle vor; der vom Weg der Klugheit irret, der wird bleiben in der Todten
Gemeine. Im Hochdeutschen gebraucht man es nur noch, 2) besonders, von
verschiedenen besondern Arten solcher Gesellschaften. (a) Die sämmtlichen
Einwohner eines Ortes, so fern sie unter der Aufsicht der Obrigkeit ihres
Ortes, zur Beförderung ihrer zeitlichen Wohlfahrt verbunden sind, besonders die
Einwohner eines Dorfes; an einigen Orten die Gemeinheit, Nieders. Meenhet,
Meente. Die Gemeinde zusammen berufen. In engerer Bedeutung werden in einigen
Städten nur die eigentlichen Bürger, und auf den Dörfern nur die eigentlichen
Bauern, zur Gemeinde gerechnet. (b) Eine Gesellschaft solcher Menschen, die
sich zur Ausübung einer göttlichen Offenbarung verbinden, eine Kirche, und auch
hier wieder unter mancherley Einschränkungen. In der Deutschen Bibel wird die
ganze Kirche Gottes mehrmahls die Gemeine, die Gemeine Gottes, oder die Gemeine
Christi genannt. Oft führen die sämmtlichen durch einen gewissen Lehrbegriff
verbundenen Personen dieser Art den Nahmen einer Gemeine; ingleichen die der
Aufsicht und Leitung Eines Geistlichen anvertraueten Personen dieser Art, da es
denn erzbischöfliche, bischöfliche u. s. f. Gemeinden gibt. Am häufigsten, die
unter der Aufsicht Eines Pfarrers oder Predigers zur Beförderung ihrer
geistlichen Wohlfahrt verbundenen Personen. 2. Die Versammlung der auf solche
Art verbundenen Personen, oder ihrer Abgeordneten, in den letzten Bedeutungen
des Wortes. Sie muste zusehen, daß die Heiden in ihr Heiligthum gingen, davon
du geboten hast, sie solten nicht in deine Gemeine kommen, Klag. 1, 10. In der
Schweiz ist die Landesgemeine die Versammlung der Abgeordneten aus allen
Cantons, ein Landtag. 3. Ein Grundstück, welches einer ganzen Gemeinde, d. i.
den sämmtlichen Einwohnern eines Ortes gehöret. Cajus wurde beschuldiget, er
sey mit seinem Zaune über sein Eigenthum hinaus auf die Gemeine gerücket. In
andern Orten die Gemeinheit, Allgemeinheit, das Gemeindegut, im Oberd. Almände,
Aimeinde, Nieders. Meenhet, Meente, Mahnte, im mittlern Lat. Commune,
Communitas, Communio. Anm. Bey dem Notker Kemeine. Bey dem Ottfried ist
Gimeinda, und im Isidor Chimeinidh, die Gemeinschaft. Es scheinet gleichgültig
zu seyn, ob man dieses Wort Gemeinde oder Gemeine schreibt und spricht;
wenigstens ist im Hochdeutschen beydes üblich, welches auch von einigen der
folgenden Zusammensetzungen gilt, wo doch Gemeinde - bestimmter und deutlicher
ist, als Gemein -, welches leicht mit dem Adverbio gemein verwechselt werden
kann. [
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