Die Fülle
Die Fülle,
[
347-348] plur. die -n, welches das
Abstractum so wohl des Beywortes voll, als auch des Zeitwortes füllen ist. 1.
Der Zustand, da ein Ding von einem andern voll oder mit demselben angefüllet
ist; ohne Plural. 2) Eigentlich. Die Fülle eines Fasses, einer Gefäßes. 2)
Figürlich. (a) Die Fülle des Herzens, der Zustand desselben, da es voll
Empfindungen ist. Mein Herz ist voll, es kann seine Fülle nicht mehr fassen,
Dusch. Sich seinem Freunde mit Fülle des Herzens entdecken. (b) Überfluß, in
der höhern Schreibart. Man wird vergessen aller solcher Fülle in Ägyptenland, 1
Mos. 41, 30, 31. Der Verstörer Hütten haben! die Fülle, Hiob 12, 6. Reichthum
und die Fülle wird in ihrem Hause seyn, Ps. 112, 3. In diesem Verstande
gebraucht man es im täglichen Umgange nur noch wie das Wort Menge. Gott gebe
dir Korn und Wein die Fülle, 1 Mos. 27, 28. Wie viel Tagelöhner hat mein Vater,
die Brot die Fülle haben Luc. 15, 17. Und gibt doch Speise die Fülle Hiob 36,
31. Er tränkte sie mit Wasser die Fülle. Ps. 78, 15.
Ich fühle Gluth die Fülle, Opitz.
Der Boden hat Feuchtigkeit die Fülle. Ingleichen mit der
zweyten Endung. Brots die Fülle, 3 Mos. 26, 5; Sprichw. 12, 11. Wassers die
Fülle, Ps. 65, 10. Die Hülle und die Fülle, im gemeinen Leben, Kleidung und
überflüssige Nahrung. (c) Reichthum von allerley Art, in der biblischen
Schreibart. Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade, Joh. 1,
16. Die Fülle der Gnade und der Gabe zur Gerechtigkeit, Röm. 5, 17. Allerley
Gottes Fülle, Ephes. 3, 19. (b) Vollkommenheit; auch nur in der Deutschen
Bibel. Die Fülle der Herrlichkeit Jerusalems, Es. 66, 11. Daß in ihm alle Fülle
wohnen sollte, Col. 1, 19. In ihm wohnet die ganze Fülle der Gottheit
leibhaftig, Kap. 2, 9. Ingleichen was diese Vollkommenheit ausmacht, in der
höhern Schreibart. Die Fülle meines Glücks seyd ihr, ihr anmuthsvollen Kinder,
Geßn. 2. Dasjenige, womit eine andere Sache gefüllet wird; gleichfalls ohne
Plural, außer von mehrern Arten. 1) In den Küchen, dasjenige, womit eine Speise
gefüllet wird; im gemeinen Leben das Füllsel. Die Fülle einer gebratenen Gans,
eines Hauptes Kohl u. s. f. 2) Der Füllwein, das Füllbier wird gleichfalls
zuweilen nur schlechthin die Fülle genannt. 3) * In Luthers Deutscher Bibel ist
Fülle die Erstlinge aller Früchte, besonders der harten, welche Gott geopfert
wurden, weil damit die Hände der Priester gleichsam gefüllet wurden. Deine
Fülle und Thränen sollt du nicht verziehen, 2 Mos. 22, 29, wo Thränen die
Erstlinge der weichen Früchte, als Weintrauben, Öhlbeeren u. s. f. bedeutet;
die Erstlinge von deiner Dröschdele (Dreschtenne, Tenne) und Kelter zu bringen,
sollt du nicht anstehen lassen, Michael. Fülle der Kelter, 4 Mos. 18, 27. Daß
du nicht zur Fülle heiligest, solchen Samen u. s. f. 5 Mos. 22, 9. Ingleichen
bey Einweihung der Priester, das erste Opfer, womit die Hände eines neu
geweiheten Priesters gefüllet wurden. Denn es ist ein Widder der Fülle, Kap.
29, 22, 27; welcher V. 31, ein Widder der Füllung, und bey Michaelis der
Einweihungswidder heißt.
S. Füllopfer. 3. Dasjenige, was ausgefüllet werden muß.
In diesem Verstande pflegen nur die Köhler die Grube, welche an denjenigen
Örtern eines Meilers entstehet, wo das Feuer am stärksten arbeitet, eine Fülle
zu nennen, weil sie zugefüllet werden muß. Anm. Schon bey dem Kero bedeutet
Fullii den Zustand der Sättigung. In den übrigen Bedeutungen lautet dieses Wort
bey dem Notker Fulli, im Isidor Folnissa, im Angels. Fyll, Fulnessa, im Engl.
Fill, im Schwed. Fyliest, im Dän. Fylde. [
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