Es
, ein Pronomen, welches im Deutschen in einer dreyfachen Gestalt
üblich ist.I. * Als ein persönliches Fürwort, welches aber nur
allein den gemeinen Oberdeutschen Mundarten bekannt ist, da es so wohl in der
einfachen als mehrern Zahl unverändert bleibet, und in solchen Fällen
gebraucht wird, wo man andere Personen nicht gern mit du und ihr, aber auch
nicht gern mit er, sie, und im Plural mit sie anreden will. Es wird alsdann
gern mit dem Verbo zusammen gezogen. Kommt es ein wenig her, oder kommts ein
wenig her, nicht so wohl komm du, als komm er, komm sie, oder kommt ihr,
bedeuten kann. Hohlts mir das. Gehts fort. Habt es, oder habts noch nichts
gesehen? habt ihr noch nichts gesehen.
Davon ist der Trost enwicht Den es tzu im haben welt,
der Trost ist entwichen, den ihr zu ihm haben wollet, in dem
alten Gedichte bey dem Eckard, Th. 2, Scrip. S. 1556. Alles dez es seit
entsetzet, alles dessen seyd ihr entsetzet, ebend. S. 1558. Frisch, der diese
beyden Stellen anführet, glaubt, daß es nur allein für ihr
gebraucht würde. Allein es kommt im Oberdeutschen auch häufig in der
zweyten Person vor, doch nur alsdann, wenn man jemanden aus Achtung nicht gern
mit du anreden will, ihn [
1963-1964] aber auch noch für
nicht vornehm genug hält, ihn er oder sie zu nennen. Auf ähnliche Art
pflegen einige Hochdeutsche das Wort man so wohl für die einfache, als
mehrere Zahl zu gebrauchen. Man komme ein wenig her. Man gebe mir das. Hat man
noch nichts gehöret? für hast du, hat er, habt ihr. Indessen scheinet
unser es doch zu dem Lat. vos, bey dem Ulphilas izwus, zu gehören, zumahl
da dieses vos in der Römischen gemeinen Sprache auch für du gebraucht
wurde, welchen Gebrauch die davon abstammenden Ital. Franz. und andere Sprachen
noch behalten haben.II. Als ein Demonstrativum, für das, dieses und
dasjenige.1) Eigentlich, wenn das darunter verstandene Hauptwort ungewissen
Geschlechtes ist, aber noch häufiger für alle Geschlechter, und so
wohl für Hauptwörter der einfachen als der mehrern Zahl; welches
vermuthlich daher rühret, weil es, so wie das Neutrum das, ein sehr
unbestimmtes Ding bedeutet, ein Etwas, ein aliquid. Es ist kein gutes Kind,
welches seinen Ältern nicht gehorsam ist. Es ist noch nicht Liebe, wenn
man dem andern Gutes wünschet. Das ist es eben, was ich will, das ist eben
dasjenige, was ich will. Er ist es, der sich hat verlauten lassen, er ist
derjenige. Es ist seine erste Liebe, für das, oder dieses ist. Es sind
eben dieselben Männer, welche wir gestern sahen. Es sind nur Kinder. Es
ist geschehen des ich ie bat, Walth. von der Vogelweide.
S. auch Er, welches auf ähnliche Art für
dieser, derjenige gebraucht wird, und ehedem in dieser Gestalt noch
häufiger war. Er sundet wer des nicht geloubet, Kaiser Heinrich, für
derjenige sündiget u. s. f.2) Eine sehr wichtige Rolle spielet dieses
Demonstrativum vor der dritten Person der Zeitwörter, die dadurch zu
unpersönlichen Zeitwörtern werden. Es druckt auch hier ein sehr
unbestimmtes Ding aus, und wird gebraucht, wenn man unentschieden lassen will,
ob das wirkende Ding oder auch nur das Subject eine Person oder Sache ist. Es
donnert. Es regnet. Es frieret. Es schneyet. Was gibt es? Da gibt es guten
Wein.
O klage nicht, Es gibt noch edle Seelen, Gell.
Ey, es läßt sich auch noch spaßen. Es kostet
mir nur ein Wort. Wenn es zum Bezahlen kommen wird. Es hat mir hier nicht
gefallen. Wo der Begriff der wirkenden Ursache oder des Subjectes oft ganz
verschwindet. Besonders mit den Verbis seyn und werden. Es ist nun an dem. Es
ist um mich geschehen. Es sind kaum drey Wochen. Es war einmahl ein Mann. Es
ist kein Wunder. Es ist nicht anders, als wenn ich ihn sähe. Es wird
Ernst. Es wird kalt. Wo oft die nähere Bestimmung des Subjectes
nachfolget, welches auch bey denjenigen unpersönlichen Zeitwörtern
Statt findet, welche als Reciproca ausgedruckt werden. Es frieret mich, mich
frieret. Es fragt sich, ob u. s. f. Da es vor den eigentlichen Impersonalibus
ein nur sehr unbestimmtes Ding ausdruckt, so sind diejenigen Fälle, wo
dasselbe Statt haben muß, von denen, wo man stehen muß, sehr leicht
zu unterscheiden. Das letztere bezeichnet das wirkende Ding schon näher,
und deutet an, daß es ein Mensch ist, ob es gleich die nähere Art
unbestimmt lässet. Man schießet. Man klopft. Man sagt. Man fragt.
Hieraus erhellet zugleich, warum diese Impersonalia, welche im Activo das man
bekommen, im Passivo wieder das unbestimmtere es annehmen. Es wird geschossen,
geklopft, gesagt, gefragt.3) Der Gebrauch dieses es erstreckt sich aber noch
weiter, indem dieses Pronomen sehr häufig dem Verbo vorgesetzet wird, wenn
gleich das Subject genau bestimmt wird. In diesem Falle bekommt das letztere
seine Stelle hinter dem Verbo. Es lebe der Kaiser! für: der Kaiser lebe!
Es spiele wer da will. Es spricht der Unweisen Mund, für: der Unweisen
Mund spricht. Es wolle uns Gott gnädig seyn. Es klopft jemand. Es geht mir
alles nach Wunsche. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Es scheinet,
daß diese Art zu reden keine andere Absicht habe, als dem ganzen Ausdrucke
seine Ründe und Vollständigkeit zu geben, wenn derselbe ohne diese
Art von Erweiterung zu abgebrochen und kurz seyn würde. Daher kann dieses
es zuweilen auch ausgelassen werden. Nichts ist unmöglich, wenn Gott es
will, für, es ist nichts u. s. f.
Kein Alp, kein Rübezahl, spükt mehr, Und keine
Drachen ziehn, Weiße.
für, es spükt kein Alp mehr u. s. f. Die
Älteren trieben diese Auslassung noch weiter, und gebrauchten sie auch in
solchen Fällen, wo die Ründe der Rede unläugbar leidet. Si uuort
sinas, Ottfried, es sey sein Wort.Dieses ganze Demonstrativum hat nur allein
den Nominativ.III. Als ein Demonstrativo-Relativum, welches sich auf ein vorher
gehendes oder nachfolgendes Subject beziehet. Es beziehet sich aber,1) Auf ein
Wort ungewissen Geschlechtes, da es denn im Genit. seiner, im Dat. ihm, im
Accus. es, hat, und im Plural von dem Pronomine sie vertreten wird;
S. diese Wörter. Nimm hin das Kleid, ich schenke es
dir, oder schenke dir es. Das Haus ist schön, aber es ist auch theuer. Das
Gewitter wird bald herauf kommen, es stehet schon dort. Da kam ein artiges
Mädchen, erst sprach es so freundlich, hernach entfloh es; aber ich lief
ihm nicht nach. Dieses ist nicht Freundschaft, es ist Kaltsinn. Das arme Kind;
es hat nichts zu essen, nimm dich doch seiner an. Sie machen alles noch
ärger, als es ist. Wenn das Neutrum eine Person männlichen oder
weiblichen Geschlechtes bezeichnet, so können statt es auch die
Fürwörter er oder sie stehen. Das arme Hannchen! Nein, ich wollte
darauf wetten, sie hat dich stets lieb gehabt, Weiße. Dieses es bestimmt
so genau, als die Fürwörter das und dasselbe, deren Stelle es
vertritt. Wenn also gefragt wird: Hast du das Geld? So antwortet man ganz
richtig: ich habe es. Allein, auf die Frage: Hast du Geld? muß geantwortet
werden: ich habe Geld, oder, ich habe welches; so wie man auf die Frage: Kennen
sie diesen Mann? antwortet; ja, ich kenne ihn.2) Sehr oft beziehet sich es auch
auf Hauptwörter von allen Geschlechtern und in allen Zahlen, und da
scheinet es wieder in seine unbestimmte Bedeutung zurück zu treten, da es
ein Ding überhaupt bedeutet. Alsdann ist es auch nur in der ersten und
vierten Endung üblich. Wer ist das? Antw. Es ist ein Mann, eine Frau; es
ist mein Mann, meine Frau. Es sind Männer. Männer sind es. Seyd ihr
die Frau? - Ja, ich bin es. Wenn es doch mein Bruder wäre. Er ist Herr
Wenzel und wird es auch wohl bleiben. Ich kenne ihn zwar nicht; aber es soll
ein guter Mann seyn. Ich bin ein Mensch, du bist es auch. Wenn man eine gute
Hausmutter werden will. - Ja wenn ich es schon wäre. Wenn aber die
Umstände der Rede keine so unbestimmte Bezeichnung leiden, so muß
statt dieses Fürwortes ein bestimmteres gesetzet werden. Aber von den
Früchten des Bau- [
1965-1966] mes hat Gott gesagt:
esset nicht davon, rühret es auch nicht an, 1 Mos. 3, 3; wo billig sie
stehen sollte. Darum bin ich auf Blumen verfallen, weil es jetzt eine
Rarität ist, ist eben so unrichtig. Dieses ist vermuthlich auch die
Ursache, warum dieses es keine Präposition vor sich leidet, weil diese das
Subject schon zu genau bestimmen, als daß dasselbe durch es ausgedruckt
werden könnte. Daher fällt das Unsichtige in der Stelle Lichtwehrs,
was um es stund, nehmlich um das Schaf, sogleich in das Gehör.3) Noch
öfter beziehet sich dieses Wörtchen auf ein Adverbium, oder auf einen
ganzen Satz, er mag vorher gehen, oder nachfolgen, doch immer noch auf die
schon mehrmahls gedachte allgemeine oder unbestimmte Art. Auch hier kommt es
nur in der ersten und vierten Endung vor. Er sagt, er sey unschuldig, er
könne es beweisen. Bedenk es nur, mir so mitzuspielen. Er soll es
gewiß noch fühlen. Das ist es alles, womit ich seine
Zärtlichkeit belohnen kann. Es sey auch was es wolle. Sie sollen es sehen,
daß man es ihnen noch Dank wissen wird. Glauben sie es denn? Ich kann es
errathen, was dich kränkt. Ich habe Unrecht, ich gestehe es. Ich
ließe es mir gefallen, wenn er kommen wollte. Ich möchte es doch
versuchen. Sage mir es. Du weißt, daß ich das nicht leiden kann, und
doch thust du es. Mein Herz sagt es mir, du bist mein Erretter. Wenn das
Subject, worauf sich dieses Wörtchen beziehet, nachfolget, so kann es auch
als ein bloßes Demonstrativum angesehen werden. Oft kann für das
unbestimmte es auch das mehr bestimmte das gesetzet werden, welches zuweilen um
des Nachdruckes willen geschiehet. Was hilft mir das jetzt? Für, was hilft
es mir jetzt? Das habe ich gedacht, für, ich habe es gedacht. Das glaube
ich nicht. Du littest das? Ich weiß das besser.4) Oft ist kein Subject
vorhanden, worauf sich dieses Wörtchen beziehen könnte, und da
bezeichnet es überhaupt ein unbestimmtes und allgemeines Etwas, und wird
in verschiedenen elliptischen Redensarten gebraucht. Du hast es gut. Er macht
es gut. Niemand darf sich unterstehen, es mit ihm aufzunehmen. Er macht es mir
zu bunt. Ich halte es mit dem Tage. Wir wollen es dabey bewenden lassen. Er
meint es gut. Ehedem war dieser Gebrauch noch häufiger, und da stand es
oft wirklich überflüssig.
Wanta allaz thaz sie es thenkent Sie es al mit Gote wirken,
denn alles, was sie denken, das wirken sie mit Gott, Ottfried
B. 1, Kap. 1, V. 209.Anm. 1. Es ist hier noch bey weitem nicht alles gesagt
worden, was von diesem Wörtchen, welches im Deutschen von einem
überaus großen Gebrauche ist, gesagt werden könnte. Indessen
erhellet schon aus diesem wenigen, wie schlecht dasselbe unsern meisten
Sprachlehrern bekannt gewesen. Die meisten kennen kein anderes, als das
persönliche es, und doch haben sie von dem Oberdeutschen Gebrauche, der es
allein zu einem wahren persönlichen Fürworte macht, wie es scheinet,
nicht die geringste Kenntniß gehabt. Wenn alle diejenigen
Fürwörter, welche Personen bezeichnen, oder sich auf Personen
beziehen, persönliche Fürwörter heißen sollen, so
können dieser, derselbe, derjenige, welcher, wer u. s. f. mit noch mehrerm
Rechte dahin gerechnet werden, als es, indem dieses nur ein unbestimmtes Ding
überhaupt ausdruckt. Einige Sprachlehrer haben auch dasReciprocum es.
Allein, da diese reciproke Bedeutung nur das seiner und sich betrifft, welche
richtiger als eigene Fürwörter angesehen werden, so ist dasjenige,
was von ihnen gesagt werden kann, unter ihren Artikeln auszusuchen.
S. auch Ihm und Ihn.Anm. 2. Dieses Wörtchen kann
mit allen vorher gehenden Wörtern zusammen gezogen werden, wo der
Wohlklang es erlaubet, und in den vertraulichen und gemeinen Sprecharten
geschiehet solches sehr häufig. Gib mirs, für gib mir es. Ich sage
dirs. Glaubt sies? Er nahms und gabs mir. Ists auch wahr? Wenn wirs nur wissen.
Habe ichs schon? Du hasts gehöret. Ich wollts ihm besser sagen. Billig
vermeidet man diese Zusammenziehung, wenn dadurch eine unangenehme Härte
verursachet wird. Hernach beschönigst dus, Gottsched. Damits die Jugend
lerne, Günth.
Der Schlaue hätts nicht thun, und dus nicht glauben
sollen, Gell.
Wo der Wohlklang gar sehr leidet.Anm. 3. Es lautet bey dem
Kero iz, bey dem Übersetzer Isidors izs, bey dem Ottfried iz und es, im
Niedersächsischen et, het, idt, im Angelsächsischen hit, hyt, im
Engl. it, im Dänischen det, im Schwedischen thet, Es ist sehr glaublich,
daß es mit dem Artikel des ungewissen Geschlechtes das sehr genau verwandt
ist, als welcher durch das vorgesetzte d nur eine nähere Bestimmung
erhalten hat, dagegen es nur ein allgemeines unbestimmtes Ding ausdruckt. Auch
das Lateinische id gehöret hierher, ob es gleich einen weit
eingeschränktern Gebrauch hat. Die Endung -es, an dem ungewissen
Geschlechte der Beywörter, wenn sie ohne Artikel, oder mit dem Artikel ein
stehen, ist auch kein anderes Wort als unser es. Keines, eigentlich kein Ding,
gutes, gut Ding, jedes u. s. f.
S. auch Nichts und Etwas; so wie die Endung -er im
männlichen, und die Endung -e im weiblichen Geschlechte, aus er oder der
und sie oder die verkürzet sind. [
1967-1968]