Entstehen
, verb. irreg. neutr. (
S. Stehen,) welches auf gedoppelte Art gebraucht wird.
1) Mit dem Hülfsworte seyn, seinen Anfang nehmen, in welchem Verstande es
ein sehr allgemeiner Ausdruck ist, den Anfang des Daseyns einer jeden Sache
auszudrucken, wenn Dinge zusammen kommen, wie sie vorher nicht beysammen waren.
Es entstehet ein Gewitter. Die Wolken entstehen aus Dünsten. Es entstand
eine heftige Feuersbrunst. Es entstand ein Gelächter, ein Geschrey, ein
heftiger Wind. Daraus entstehet die Faulheit. Aus einem Irrthume entstehen
viele andere. Daraus kann eine gefährliche Krankheit, ein großer
Schaden, vieler Nutzen entstehen. Der daraus entstandene Schaden. Daher das
Entstehen, denn die Entstehung ist in dieser Bedeutung nur in den
Zusammensetzungen Entstehungsart, u. s. f. üblich. Stehen hat in dieser
Zusammensetzung die allgemeinste Bedeutung des Seyns, ent aber des Anfanges. 2)
Mit dem Hülfsworte haben, mangeln, fehlen, mit der dritten Endung der
Person. Das kann mir nicht entstehen. Was entstehet dir? Ich werde dir mit
meinem Rathe nicht entstehen. In Entstehung des Rathes.
Herr, meine Pflicht kann niemahls dir entstehen, Schleg.
Im Hochdeutschen kommt es in dieser Bedeutung nur selten, und
größten Theils nur im Infinitive vor; im Oberdeutschen ist es von
einem größern Gebrauche. Das Glück hat allen entstanden. Es
entstehet den Vätern an Hülfe. Ent hat hier die Bedeutung der
Entfernung und figürlich der Beraubung. Mich duhte der sommer wolt
entstan, Ulrich von Guotenberg, d. i. aufhören. Man sagte ehedem auch,
sich einer Sache entstehen, sich derselben begeben, entschlagen. Sie entstat so
mengereren sich, der von Gliers. Notker gebraucht für entstehen, fehlen,
entweren, entwerden, welches noch jetzt in Niedersachsen üblich
ist. [
1837-1838]