Bürgerlich
, adj. et adv. einem Bürger, oder dem Bürgerstande
gemäß, in dessen Verhältnissen gegründet, doch, nach dem
verschiedenen Gebrauche des Wortes Bürger, mit verschiedenen
Nebenbegriffen. 1) So fern den Einwohner einer Stadt bedeutet, welcher in
Ansehung seines Nahrungsgeschäftes der Rechte und Freyheiten der Stadt
theilhaftig ist. Sich bürgerlichnähren, wie Bürger sich zu
nähren pflegen. Bürgerliche Nahrung treiben. Bürgerliche
Freyheiten, bürgerliche Beschwerden, bürgerliche Abgaben. Ein
bürgerlicher Krieg, ein Krieg unter den Bürgern einer Stadt. Der
bürgerliche Gehorsam, ein gelindes Gefängniß für
straffällige Bürger. Bürgerliche Sachen, dergleichen unter
Bürgern vorkommen, und den Verlust des Bürgerrechtes nicht nach sich
ziehen; Civil-Sachen. Das bürgerliche Recht, so fern es dem peinlichen
entgegen gesetzt ist, welches über bürgerliche Sachen richtet.
Weichbild Art 17. in Gloss. "Die Klagen sind entweder burglich oder peinlich.
Burgliche Klagen sind, da beyde der Kläger und der Antworter vor der Klag
und nach der Klag Burger bleiben, also daß keiner den andern nicht
vorflüchtig darf werden. Peinliche Klage ist anders nichts, denn da man
sondert von dem Bruchhaftigen seine verdiente Pein und keinen Abtrag noch
Buße." In einer weitern Bedeutung kommt es im dritten Absatze vor. Die
bürgerliche Obrigkeit, die nächste Obrigkeit einer Stadt, welche die
Polizey und den äußern Wohlstand der Stadt zu besorgen hat, zuweilen
aber auch mit der bürgerlichen Gerichtsbarkeit versehen ist; die
Civil-Obrigkeit. 2) So fern unter dem Worte Bürger der dritte Stand eines
Staates verstanden wird, bedeutet dieses Wort, (a) oft so viel, als im gemeinen
Leben üblich, dem gemeinen Leben gemäß, doch mit verschiedenen
Einschränkungen und Nebenbegriffen. Das bürgerliche Leben, die
Lebensart der meisten in einem Staate. Der bürgerliche Tag, in der
Astronomie, der Tag der aus Tag und Nacht oder 24 Stunden bestehet, in welcher
Zeit sich die Erde Ein Mahl um die Sonne beweget, der Sonnentag, der
natürliche Tag; im Gegensatze des künstlichen, welcher nur die Zeit
begreift, in welcher die Sonne über dem Horizonte gesehen wird. Das
bürgerliche Jahr, welches nur nach Tagen berechnet wird, und wozu so wohl
das gemeine Jahr, als das Schaltjahr gehören; im Gegensatze des
astronomischen Jahres, dessen Dauer nach Stunden und Minuten berechnet wird.
Die bürgerliche Baukunst, welche im gemeinen Leben gebraucht wird; im
Gegensatze der Kriegsbaukunst, Schiffsbaukunst und Wasserbaukunst. (b) In der
Sprache der großen Welt bedeutet bürgerlich figürlich oft so
viel, als von seinen Sitten entfernet, den Gewohnheiten des Hoflebens und
Adelstandes nicht gemäß. Sehr bürgerliche Sitten haben. Sein
Wort halten, läßt heut zu Tage gar zu bürgerlich.
Ein Sprößling eigennütz'ger Ehe, Der stolz und
steif und bürgerlich, Im Schmausen keinen Künsten wich, Haged.
3) So fern unter Bürger die Glieder eines Staates
verstanden werden. Die bürgerliche Gesellschaft, da sich viele dem Willen
Eines unterworfen haben, im Gegensatze derjenigen Gesellschaft, welche aus
Ältern und Kindern bestehet. Bürgerliche Gesetze, in der weitesten
Bedeutung, wonach man im gemeinen Leben seine Handlungen einzurichten hat,
besonders in Rücksicht auf seinen Nächsten. Das bürgerliche
Recht, in der weitesten Bedeutung, der Inbegriff der Rechte, welche Unterthanen
oder Bürger als Bürger gegen einander haben; im Gegensatze des
Staatsrechtes, und des Staatenrechtes oder öffentlichen Rechtes. In
engerer Bedeutung verstehet man unter dem bürgerlichen Rechte (Jus civile)
nur die Sammlung der darauf gerichteten Römischen Gesetze, im Gegensatze
des kanonischen und Municipal-Rechtes. In der engsten Bedeutung ist es im
ersten Absatze vorgekommen. Ein bürgerlicher Krieg, ein innerlicher Krieg,
unter den Unterthanen eines Staates. [
1263-1264]