Blöde
, -r, -ste, adj. et adv. welches heut zu Tage noch in einer
gedoppelten Bedeutung üblich ist.1. Für schwach, im Gegensatze dessen
was scharf ist, und in dieser Bedeutung wird es theils von den Augen, theils
aber auch figürlich von den Verstande gebraucht. 1) Von den Augen,
blöde Augen haben, die nicht gut sehen. Ein blödes Gesicht. Aber Lea
hatte ein blödes Gesicht, Rahel war hübsch und schön, 1 Mos. 29,
17. 2) Von dem Verstande. Ein blöder, d. i. schwacher, Verstand. Er ist
etwas blöden Versandes,
Weiße.Den Blöden leuchtet sein Verstand, ebend. Wie
oft sah ich mir nicht den blöden Aberglauben, Die Hoffnung und die Ruh des
Lebens rauben! ebend. Wie mancher siegt durch eine feine Miene,der blöder
ist, als Holz und Stein! Gell.
2. Für furchtsam, und zwar, 1) * in Ansehung der Gefahr,
zaghaft. Rehabeam war jung und eines blöden Herzens, daß er sich vor
ihnen nicht wehrete, 1 Chron. 13, 7. Gott hatmein Herz blöde gemacht, und
der Allmächtige hat mich erschrecket, Hiob. 23. 16. Also stehet das
blöde Herz der Narren in seinem vornehmen wider kein Erschrecken, Sir. 22,
22. Werde nicht blöde, denn du sollt nicht zu Spott werden, Cf. 54, 4.
Zähle meine blöden Schritte, Gryph..
In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo man
es, 2) nur noch von dem zu geringen Zutrauen zu sich selbst im
gesellschaftlichen Umgange gebraucht, im Gegensatze des dreist. Der Mensch ist
sehr blöde, schüchtern in Gesellschaft. Er thut ein wenig blöde.
Der Redner war zu blöde. In dieser Bedeutung gebrauchen auch die
Niedersachsen ihr blöde, blöe, bloodhartig. Im Dithmarsischen ist
dafür auch hödel, im Hannöverischen milern, und im Bremischen
miren üblich.Anm. Die Abstammung dieses Wortes ist bisher noch nicht
hinlänglich untersucht worden. Schilter lässet es von dem alten
blide, fröhlich, lustig, abstammen. Wachter bleibt bey der Bedeutung der
Furcht stehen. Nach Frischen ist es so viel als belöten, belösen,
oder auch als bloß. Weil blöd, blödig, im Schwedischen
furchtsam, blöt aber weich, feucht bedeutet, so hält der Herr Ihre
beyde für zwey verschiedene Wörter, ohne sie doch genauer zu
untersuchen. Im Deutschen ist die Bedeutung der Furcht die älteste. Ploden
bedeutet in den Monseeischen Glossen sich fürchten; bey andern
Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern kommt es nicht vor. Hingegen
ist im Angels. blithe einfältig, im Isländ. blaudur furchtsam, und im
Schottländischen bleat verzagt. In einem 1501 zu Rom gedruckten
Deutsch-Italiänischen Vocabelbuche wird debile durch ploed gegeben. Wenn
man, wie es wohl scheinet, für die heutigen Bedeutungen dieses Wortes zwey
verschiedene Stammwörter annehmen muß, so wird für die Bedeutung
der Schwäche und vielleicht auch der Furchtsamkeit das alte lat,
wofür die Hoch- und Oberdeutschen jetzt laß sagen, eine vielleicht
nicht unbequeme Abstammung an die Hand geben. in einigen gemeinen Mundarten ist
lätsch weich, faul, träge. Im Schwed. bedeutet lat, im Isl. latur, im
Angels. laet, im Dän. lad, gleichfalls träge, faul, verzagt, bey dem
Ulphilas ist latjan zaubern, und im Nieders. lad., im Engl. late, spät.
Das b ist die verkürzte Partikel be. So fern aber blöde,
schüchtern, unzeitig schamhaft bedeutet, gehöret es vermuthlich zu
blühen in seiner weitesten Bedeutung, und druckt alsdann eigentlich den
Begriff der Schamröthe aus. Erblöden und entblöden haben diese
Bedeutung zum Theil noch, und in dem Überbleibsel eines alten Gedichtes
auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter von 1300 bedeutet erploten
vor Zorn roth werden.
S. Blühen und Blut. [
1081-1082]