Besinnen
, verb. reg. recipr. Imperf. ich besann mich; Partic. besonnen.
1) Sich erinnern. Ich besinne mich nicht, daß ich es gesehen hätte.
Ich besinne mich, es dir versprochen zu haben. Ingleichen mit dem Vorworte auf.
Ich kann mich nicht darauf besinnen. Ich werde mich wohl noch darauf besinnen.
Besinnst du dich nicht auf unsre Marianne? Günth.
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911-912] Im Oberdeutschen wird dieses
Wort sehr häufig mit der zweyten Endung der Sache gebraucht. Sich seiner
Jugend besinnen. Besinne dich der vorigen Jahre.
Als Vater Zeus - Sich glücklich einer List besann,
Wiel.
Allein im Hochdeutschen ist dafür erinnern oder
entsinnen doch immer üblicher. 2) Mühe anwenden, sich einer Sache zu
erinnern, sich bemühen, einen dunkeln Gedanken von etwas Vergangenen klar
zu machen. Ich besinne mich hin und her. Ich habe mich schon lange darauf
besonnen. 3) Überlegen, im gemeinen Leben und absolute. Ich will mich
besinnen. Du besinnst dich immer gar zu lange. Im Oberdeutschen sagt man auch
mit der vierten Endung der Sache. Ich habe es mir nicht recht besonnen. Besinne
es dir wohl. 4) Sich nach vorhergegangener Überlegung entschließen,
in einigen Fällen. Haben sie sich besonnen? entschlossen. Sich eines
bessern besinnen, einen bessern Entschluß fassen. Vielleicht besinnt sie
sich anders. Er wird sich wohl noch eines andern (d. i. bessern) besinnen. 5)
Zu seinen Sinnen, d. i. in den Zustand deutlicher Begriffe, wieder zurück
kehren. Besinnen sie sich doch, sagt man zu einem, der in einer heftigen
Leidenschaft, im Schlafe, in einem starken Rausche u. s. f. ist. Und als er
sich besinnte, (besann,) Apostelg. 12, 12, als er zu sich selber kam. Er kann
sich nicht besinnen, nicht wieder zu sich selbst kommen. Daher die Besinnung,
besonders in der letzten Bedeutung, welche von Besonnenheit noch verschieden
ist; die Besinnungskraft, das Vermögen sich zu besinnen, oder dunkele
Vorstellungen klar und deutlich zu machen, welches dem neuern Besonnenheit
billig vorzuziehen ist.
S. dasselbe.Anm. Dieses Wort ist von Sinn und sinnen,
welches ehedem alle Wirkungen der Seele ausdruckte. Im Hochdeutschen
ungewöhnliche Bedeutungen von besinnen sind, (a) über etwas
nachdenken. Indem aber Petrus sich besinnt über dem Gesichte, Apostelg.
10, 19. (b) Erwägen, im Oberdeutschen. Sich das Unglück besinnen. (c)
Ersinnen.So ser ich noch ains khan besynnen, Theuerd. Kap. 70. (d) Das
Mittelwort besonnen, oder besinnt, ist im Oberdeutschen auch für behutsam,
verständig üblich;
S. Besonnenheit und Unbesonnen. Besinnen gehet in
einigen Oberdeutschen Gegenden auch regulär, welches auch Luther in den
oben angeführten Stellen nachgeahmet hat. Die Niedersachsen gebrauchen
für besinnen, besonders in der ersten Bedeutung, versinnen, welches nicht
so veraltet ist, als Frisch behauptet. Übrigens hatte man hiervon ehedem
auch das Factitivum besinnigen, zum Besinnen, Verstehen, Erkennen bringen,
wovon Frisch ein Beyspiel aus Menkens Script. Saxon.
anführet. [
913-914]