Ausgehen
, verb. irreg.
S. Gehen, welches in doppelter Gattung üblich
ist.I. Als ein Neutrum, und zwar wiederum,1. Mit dem Hülfsworte seyn, aus
einem Orte gehen. 1) Eigentlich, da es gemeiniglich absolute und mit
Verschweigung des Termini a quo gebraucht wird. Ausgehen, aus dem Hause, oder
unter die Leute gehen. Der Herr ist ausgegangen. Ich gehe heute nicht aus. Viel
an einem Orte aus- und eingehen. Ausgehende Waaren, welche ausgeführet
werden. Der Degen gehet schwer aus, aus der Scheide. Wenn die Absicht, warum
man ausgehet, durch ein Substantiv ausgedrucket wird, so bekommt dieses die
Präposition auf. Auf Beute, auf Abenteuer ausgehen. Auf einen Luchs, auf
einen Wolf ausgehen, bey den Jägern, dessen Aufenthalt ausfündig zu
machen suchen. Daher denn die figürlichen R. A. Er gehet auf nichts Gutes
aus, er hat böse Anschläge. Man ging ausdrücklich darauf aus,
ihn lächerlich zu machen. Von einem Orte ausgehen, ist biblisch; daher aus
die figürlichen R. A. von einer Gemeine, von einer Religion ausgehen,
dieselbe verlassen, höchstens nur in biblischen Ausdrücken gebraucht
werden können. Indessen gebraucht man doch diese Wortfügung zuweilen,
wenn der Ort, wo man ausgegangen ist, genau bezeichnet werden soll; z. B. Der
Bothe ist heute früh von Leipzig ausgegangen.2) Figürlich. a) Von dem
heiligen Geiste, in der Theologie. Der heilige Geist gehet aus von dem Vater
und Sohne, wird von denselben gesandt. Das Ausgehen des heiligen Geistes. b)
Leer ausgehen, nichts erhalten. Frey ausgehen, ungestraft bleiben. Ich werde
dich nicht leer ausgehen lassen, wenn du mir behülflich bist. Er ist ohne
Strafe frey und ledig ausgegangen. Im gemeinen Leben, und selbst in Schriften,
wird dieseArt zu reden auf verschiedene Weise ausgedruckt; z. B. Das wird dir
nicht ungenossen ausgehen. Ich kann es zufrieden seyn, daß man ihm auch
jenes nicht für genossen ausgehen lässet, Less. Allein, wenn der
Mensch ein Raubthier werden, und Unrecht üben will, so gehet es ihm nicht
ungestraft aus, Michael.
Wie aber geht es dem für so genossen aus? Canitz.
Es scheinet, daß alle diese Wortfügungen verderbte
Ellipsen sind, wozu die übel verstandene R. A. frey, oder ungestraft
ausgehen, Anlaß gegeben; man müßte sie denn zu der achten
Bedeutung dieses Verbi rechnen wollen. c) Nach außer zu gerichtet seyn.
Der ausgehende Winkel, der hervor springende, im Gegensatze des eingehenden. b)
Bekannt werden. Einen Befehl ausgehen lassen, besser ergehen. Er ist ein Befehl
ausgegangen. Ein Buch ausgehen lassen, durch den Druck bekannt machen. Lassen
sie es doch im Druck ausgehen, Gell. Diese ganze Bedeutung gehöret im
Hochdeutschen unter die veralteten, und wird nur noch zuweilen von Ungelehrten
und in der biblischen Schreibart gebraucht. e) Aus der Verbindung mit etwas
gerathen. Die Haare gehen ihm aus, fallen ihm aus. Der Athem, die Seele gehet
ihm aus, er stirbt, im gemeinen Leben. Ingleichen ausgegeben, verkauft,
verbraucht seyn. Das Geld ist mir ausgegangen, ich habe alles bare Geld
ausgegeben. Die Waare ist ausgegangen, sie ist insgesammt verkauft worden. Wie
auch sich nach und nach verlieren. Diese Pflanze ist in dieser Gegend
ausgegangen, wächst hier nicht mehr. Der Baum gehet aus, stirbt ab. f)
Nach und nach verschwinden, unscheinbar werden, besonders von Farben. Diese
Farbe ist gar sehr ausgegangen. Der Flecken wird so bald nicht ausgehen.
Ingleichen sich wegbringen, auslöschen lassen. Was mit Kreide geschrieben
worden, gehet leicht wieder aus. g) Erlöschen, von dem Feuer. Das Feuer
gehet aus. Das Licht ist ausgegangen. Das Feuer ausgehen lassen. Nach einer
noch weitern Figur sagt man im gemeinen Leben auch von einer Person, welche
ohne heftige äußere Bewegungen verstirbt, sie gehe aus wie ein Licht.
h) Sich enden, in welcher Bedeutung die Bergleute so wohl das Verbum als auch
das Participium das Ausgehende sehr häufig für das Ende, dem Orte und
dem Raume nach, gebrauchen. Das Flötz gehet zu Tage aus, zeiget sich
gleich an der Dammerde. Das Ausgehen, oder das Ausgehende eines Ganges, dessen
Ende, besonders nach der Dammerde zu. Wo die Röhre ihr Ausgehen hat, wo
sie sich endiget. Indessen kommt diese Bedeutung der Endigung auch zuweilen
außer dem Bergbaue vor. Das Wort gehet auf ein A aus, es endiget sich mit
einem A. Das Unglück wird über dich ausgehen, wird sich bey dir
endigen, du wirst dafür büßen müssen. Es gehet alles
über mich aus. i) + In Erfüllung gehen, doch nur im gemeinen Leben,
und in der R. A. mein Traum gehet mir aus, trifft jetzt ein, wird
erfüllet. Wer weiß, geht dein Traum nicht heute aus, Weiße. Auf
ähnliche Art wird in dem alten Gedichte auf den h. Anno V. 262, das Verbum
ergehen gebraucht:
Der troum allir so irging, Sam der engil vane himile
geschint.
Der Traum wurde völlig so erfüllet, als ihn der
Engel vom Himmel geoffenbaret hatte.2. Mit dem Hülfsworte haben, so lange
gehen, als nöthig ist, in welcher Bedeutung es doch wohl nur allein in der
Landwirthschaft von dem Teige gebraucht wird. Den Teig ausgehen lassen, ihn so
lange gehen oder gähren lassen, als erfordert wird. Ingleichen
aufhören zu gehen. Der Teig hat ausgegangen. In dieser letzten Bedeutung
des Aufhörens kann ausgehen auch von [
595-596] mehrern Dingen gebraucht werden, denen das Verbum gehen zukommt.II.
Als ein Activum, durch Gehen ausfündig machen. So sagt man bey den
Jägern, ein Wildbret ausgehen, und im Bergbaue, einen Gang ausgehen, ihn
mit der Wünschelruthe suchen. Auch in gemeinen Leben kommt ausgehen
zuweilen in dieser Bedeutung vor. [
597-598]