Der Arm
, des -es, plur. die -e, Diminutivum das Ärmchen,
Oberdeutsch Ärmlein. 1. Eigentlich, der Theil des menschlichen
Körpers von der Schulter bis an die Hand, oder in engerer Bedeutung,
welche auch in der Zergstederungskunst üblich ist, der Theil von der
Schulter bis an den Elbogen, dagegen der Theil von diesem bis an die Hand der
Vorderarm heißt. Die Arme nach einem ausstrecken. Einen in die Arme
nehmen, in die Arme schließen. Einen mit offenen Armen, mit ausgestreckten
Armen empfangen. Ein Kind auf den Arm nehmen, es auf den Armen tragen. Er hatte
seinen Arm um meinen Nacken geschlungen.
Ein freyer Arm ist hundert Arme werth, Die für die
Tyranney die Schwerter ziehn, Weiße.
Ein Arm voll, drey Arme voll. Der mannigfaltige Gebrauch,
welchen man von diesem Gliede macht, hat zu verschiedenen figürlichen
Redensarten Gelegenheit gegeben. Denn man bezeichnet dadurch, 1) Stärke,
Macht, besonders in der biblischen R. A. eines Arm stärken, eines Arm
zerbrechen, u. s. f. welche aber außer dem nicht üblich sind.
Ingleichen, wo von dem Arme Gottes geredet wird. Der strafende Arm des Himmels
muß über ihn schon ausgestrecket seyn, v. Brawe. 2) Gewalt. Der
geistliche Arm, der weltliche Arm, die geistliche, die weltliche
Gerichtsbarkeit. Könige haben lange Arme. Einem in die Arme fallen, sich
einem in die Arme werfen, sich seiner Gewalt freywillig unterwerfen,
ingleichen, seine Zuflucht zu ihm nehmen.Fall jetzt dem Ewigen mit Thränen
in die Arme, Weiße. Ich sollte schweigen, wenn du deinem Verderben in die
Arme eilest? Dusch. 3) Gewalt mit Zärtlichkeit verbunden. Ich will mich
wieder in die Arme der Weisheit werfen, und sehen, ob ich meinen Schmerz durch
ihre Gründe erleichtern kann, Weiße. O Liebe und Freundschaft, nichts
soll mich in Zukunft euren Armen entreißen! ebend. Meine Thränen
sollen dir in den Armen der Wollust nimmer Ruhe lassen, Dusch. Nichts
hätte dich zurück halten sollen, dich in die offenen Arme deiner
Freunde zu werfen. Sie sank in die Arme des Schlafes, und erwachte nicht eher
u. s. f. 4) Hülfe, Beystand. Einem unter die Arme greifen, im gemeinen
Leben.
Es stellet sich das Glück mit offnen Armen ein,
Haged.
2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) An den
Pferden, der Vorderschenkel von der Schulter bis an das Knie. Luther hat 5.
Mos. 18, 2. den Ochsen und Schafen gleichfalls Arme beygelegt, obgleich solches
wider den Sprachgebrauch ist. Dagegen heißen bey den Jägern die
Vorderläufte des Bären Arme. 2) Von einiger Ähnlichkeit, ein
Theil eines Ganzen, der sich von demselben entfernt. So verstehet man unter
einem Arme des Meeres einen Theil des Meeres, der tief in ein Land hinein
gehet. Der Arm eines Flusses, ist theils ein anderer Fluß, der sich in
denselben ergießet, theils einer von mehrern Ausflüssen in das Meer.
3) Besonders der hervor ragende Theil eines Ganzen, der zu Tragen bestimmt ist.
Die Arme an einer Wage, die zwey Hälften des Wagebalkens, welche die
Schalen tragen. Die Arme an einem Wagen, zwey gebogene Stücke Holz an dem
Gestelle des Vorderwagens, welche hinten an die Achse fest gemacht sind, und
vorn das dicke Ende der Deichsel zwischen sich halten, [
429-430] Franz. Armon. Am Hinterwagen heißen sie die Schere. Die Arme
eines Kron- oder Wandleuchters, die Theile, worauf die Lichter gesteckt werden.
An einer Säge sind es die zwey äußersten Hölzer, zwischen
welche das Sägeblatt befestigt ist. An einem Rammblocke, die eisernen
Ringe oder Klammern, mit welchen der Bär an der einen Latte auf und nieder
steigt. In den Bergwerken heißet Arm ein beschlagenes Holz in der Welle an
dem Geschleppe, in welchem das Stangeneisen befestigt ist, und in den
Pochenwerken, den Stampfmühlen u. s. f. werden die Hölzer in der
Welle, welche die Stämpel oder Stampfen aufheben und fallen lassen,
gleichfalls Arme genannt.Anm. Arm, bey dem Ulphilas Arms, bey dem Kero Arame,
bey dem Ottfried und Notker Arim, Arum, Arm, bey den Angelsachsen Eorm, bey den
Engländern, Dänen und Schweden Arm, hat mit dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und
Latein. Armus zu viele Gleichheit, als das man selbige sollte verkennen
können. In einigen Oberdeutschen Gegenden lauter der Plural dieses Wortes
die Armen, und schon Ottfried sagte thie armon; allein im Hochdeutschen ist
dieses ebenso unrichtig als wenn er bey andern die Ärme heißt. Von
dem ungewöhnlichen Verbo armen, ist das Particip. Passiv. gearmet, in den
Zusammensetzungen langgearmet, kurzgearmet, mit langen, kurzen Armen versehen,
hin und wider im gemeinen Leben üblich. [
431-432]