Ankommen
, verb. irreg. neutr. (
S. Kommen,) welches mit dem Hülfsworte seyn
verbunden wird.1. An etwas kommen, d. i. einer Person oder Sache nahe kommen,
sich derselben nähern, da es denn entweder mit der vierten Endung des
Nennwortes oder mit der Präposition auf verbunden wird. Und zwar:1) In
eigentlicher Bedeutung, welche aber im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird,
außer, daß man zuweilen im gemeinen Leben sagt, laß ihn nur
ankommen, oder, er soll nur ankommen. Ingleichen, ich kann ihn nicht ankommen,
ich kann ihm nicht beykommen, kann ihm nichts anhaben. Ferner, auf einen
ankommen, sich ihm nähern, auf ihn zukommen. Ehedem war es so wohl in der
eigentlichsten, als auch in weiterer Bedeutung, besonders in Oberdeutschland,
weit häufiger; indem es in der letztern unter andern auch begegnen,
antreffen, ingleichen anfallen, bedeutete.
Ich jag noch Als gern als all mein Lebtag, Wo ich sy (die
Gemsen) nur ankhomen mag, Theuerd. Kap. 55.
wo ich sie nur antreffe. Auf gleiche Art heißt es 2.
Maccab. 10, 17. Sie erwürgeten alles, was sie ankamen. In der Bedeutung
des feindlichen Anfalles aber kommt es mit dem Accusative mehrmahls bey den
Schwäbischen Dichtern vor. Hieraus fließen nun,2) Folgende
figürliche Bedeutungen.(a) Von etwas befallen werden. Es kommt mich ein
Frost an. Der Schlaf kam ihn an. Die Wehen kamen sie an. Besonders von
Begierden und andern Gemüthsbewegungen. Es kommt mich eine Furcht an. Es
ist ihm eine Lust, ein Verlangen angekommen. Wenn dich einmahl die Reue
ankommen wird. Es wird dich Angst ankommen, Jerem. 13, 21. Da kam mich Furcht
und Zittern an, Hiob 4, 14. Doch kommt mich bald die Luft zu schreiben wieder
an, Opitz. Zittern und Entsetzen möchte einen ehrlichen Kerl ankommen,
Less.
Der Wohlstand kömmt mich an, jetzt will ich zärtlich
heißen, Günth. Wenn die Wollust uns verläßt, dann kömmt
uns die Andacht an, Logau.
Wenn es ihn ankommt, wenn es ihm einfällt. Was kommt ihn
an? was fällt ihm ein?In vielen, ja den meisten der jetzt angeführten
Fälle, wird ankommen im Hochdeutschen gemeiniglich mit der dritten Endung
verbunden, und selbst viele Sprachlehrer scheinen es für gleichgültig
zu halten, was für eine Endung man demselben in dieser Bedeutung
zugesellet; dagegen im Oberdeutschen der Accusativ am gewöhnlichsten ist.
Die Schwierigkeit beruhet auf der eigent-lichen Bedeutung des an in dieser
Zusammensetzung. Wäre es ausgemacht, daß es hier für in oder ein
stände, so würde der Dativ vielleicht die richtige Endung seyn.
Druckt an aber hier die Bewegung nach einem Orte aus, so läßt sich
nur die vierte Endung vertheidigen, zumahl da diese noch die Analogie von einen
angehen, einen anlaufen, einen anfallen, einen antreten u. s. f. für sich
hat. Hierzu kommt noch der Gebrauch älterer Schriftsteller, der deutlich
genug für diese vierte Endung ist. Notker sagt: Forhta cham sie ana,
ingleichen, der tod chome die ana u. s. f. Man darf auch das zusammen gesetzte
ankommen nur auflösen, wenn man von der Nothwendigkeit des Accusatives
überzeugt werden will; denn hier sagt jedermann: ich kann nicht an ihn
kommen.(b) Empfunden werden, doch nur in Rücksicht auf diejenige
Empfindung, welche bey Überwindung der Hindernisse Statt hat, und mit den
Adverbiis leicht, schwer, sauer, hart. Es kommt mir schwer an, dieses zu
lassen. Das wird dir sehr leicht ankommen. Und es kam sie hart an über der
Geburt, 1. Mos. 35, 17. Das kommt mir sauer an, Gell. Die Verstellung kommt mir
weit beschwerlicher an, als wenn ich sage, wie mirs ums Herze ist, ebend. Hier
ist der Dativ im Hochdeutschen fast allgemein; vermuthlich weil der Begriff der
Annäherung hier unmerklicher wird.(c) Das wirklich werden einer Sache
erwarten, doch nur mit auf und mit dem Verbo lassen: Er lässet es allemahl
auf das Äußerste ankommen. Ich mag es auf seinen Anspruch nicht
ankommen lassen. Ein Thor lässet alles auf das Glück ankommen. Die
kriegenden Parteyen wollen es auf ein Treffen ankommen lassen.(d) Den Grund von
etwas enthalten, der Gegenstand eines Geschäftes seyn, in welcher
Bedeutung ankommen meisten Theils zu einem unpersönlichen Zeitworte wird,
und bey derjenigen Sache, die den Grund oder Gegenstand ausmacht, das Vorwort
auf erfordert. ( -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) den Grund enthalten. Es kommt hier bloß auf das
Glück an. Auf dich allein kommt es an. Kommt es auf mich an, ob ich lieben
will oder nicht? Weiße. Auf die Wahl in der Liebe kommt das ganze
Glück in der Ehe an, Gell. Die Liebe können sie mir verbiethen, aber
die Hochachtung kommt nicht auf meinen Willen, sondern auf ihre Verdienste an,
ebend. Elender, deine Befreyung, deine Ruhe kommt auf dich allein an! Dusch.
( -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Der Gegenstand seyn, betreffen. Es kommt auf Leib und Leben an. Es kommt
bey dem ganzen Streite bloß auf zwanzig Thaler an. ( -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Ein nothwendiger
Gegenstand seyn, nöthig seyn, erfordert werden. Es kommt auf einen Versuch
an. Hier kommt es bloß aufs Geld an. Es kommt nur noch auf einen Tag an,
so wird sichs ausweisen. Wenn es auf die Verschwiegenheit ankommt, da nehme ich
es mit einem jeden auf. ( -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ) Ein wichtiger Gegenstand seyn, für wichtig
gehalten werden, mit dem Dative der Person. Auf die Erhaltung dieser Festung
kommt sehr vieles an. Es kommt mir darauf nicht an, ich achte solches nicht. Es
kommt ihm auf ein Paar hundert Thaler niemahls an. Wir haben so wenig klare
Begriffe in dieser Welt, daß es uns auf etwas mehr oder weniger
Unwissenheit nicht ankommen darf. Es muß ihnen auf einen Tag nicht
ankommen, Less. Es kommt den vornehmen Herren nicht darauf an, ihre Weiber
sitzen zu lassen, und sich mit andern zu schleppen, Weiße.2. Auf der Reise
an oder in einem Orte gegenwärtig werden, und zwar:1) Eigentlich, da
dieses Verbum theils absolute stehet, theils die Vorwörter an, in, zu und
bey erfordert. Zu Pferde, zu Füße, zu Schiffe ankommen. Die Post ist
angekommen. Ich [
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dachte. Wir sind noch vor Tage angekommen. Er ist glücklich, gesund
angekommen. An einem Orte ankommen. Die Schiffe sind in Holland angekommen. Er
ist zu Berlin, zu Leipzig, in Paris, in Madrit angekommen. Sie ist bey mir, bey
ihren Ältern, bey ihren Freunden noch nicht angekommen. Die Waaren sind
längst angekommen.2) In figürlicher Bedeutung.(a) Eingang mit etwas
finden. Bey mir kommt er nicht an, richtet er nichts aus, erreicht er seinen
Endzweck nicht. Ich habe ihm schon gesagt, daß er bey mir unrecht ankommt,
Weiße.(b) Befördert werden. Er ist bey Hofe, oder an dem Hofe
angekommen. Er ist wohl, schlecht, hoch angekommen.
Wer gar zu bider ist, bleibt zwar ein redlich Mann, Bleibt aber
wo er ist, kommt selten höher an, Logau.
Ingleichen, von der Beförderung durch Heirathen. Sie ist
sehr wohl, vortrefflich angekommen, verheirathet worden. Er ist sehr schlecht
angekommen.(c) in Rücksicht auf den Empfang, aufgenommen werden. Ich
würde damit schlimm angekommen seyn. Da kam er übel an. Wer das
denkt, der kommt blind bey mir an. Ich könnte ankommen, (d. i. übel
ankommen,) wenn ich so geradezu liefe. Ich wäre schön angekommen,
wenn er mir gefolgt wäre, Weiße. Geh nur, du wirst mir der guten
Zeitung bey ihm ankommen, (d. i. schlecht ankommen,) ebend.Anm. In den meisten
der bisher angeführten figürlichen Bedeutungen, besonders den
letzten, ist dieses Verbum nur in der vertraulichen und gesellschaftlichen
Sprechart üblich. Unter den theils veralteten, theils nur in einigen
Provinzen üblichen Bedeutungen desselben, verdienen folgende angemerket zu
werden. 1. Für anfangen, wovon Frisch ein Beyspiel aus dem Pictorius
anführet. 2. Für begegnen, antreffen, deren schon, oben gedacht
worden.
S. auch Haltaus h. v. 3. Für anfallen, feindlich
angreifen, wovon bey den Schwäbischen Dichtern Beyspiele vorkommen. 4.
Für anfallen, zufallen, besonders von Erbschaftssachen, mir der vierten
Endung der Person, wovon bey dem Haltaus h. v. Beyspiele angeführet
werden. 5. Für angehen, betreffen, welche Bedeutung ehedem in
Niedersachsen üblich war. 6. Für anfahren, mit Worten, wovon in dem
Bremisch-Niedersächsischen Wörterb. Theil 2. S. 725. Beyspiele zu
finden sind. 7. für heran wachsen, welche Bedeutung in Niedersachsen noch
üblich ist. 8. Für anbrüchig werden, angehen, in welcher
Bedeutung diese Zeitwort vornehmlich um Hamburg gehöret
wird. [
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