Anhalten
, verb. irreg. (
S. Halten,) welches auf gedoppelte Art üblich
ist.I. Als ein Activum, und da bedeutet es.1. Eine Sache an die
Seitenfläche der an andern halten. Ein Bret an da andere anhalten. Das
Lineal fest an die Tafel angehalten. Im Markscheiden bedeutet daher anhalten
figürlich so viel, als den Anfang mit dem Vermessen machen, weil die
Schnur an denjenigen Ort, wo sich diese Vermessung anfängt, im
eigentlichen Verstande angehalten wird.2. An etwas halten, d. i. es fest
halten, besonders um dessen Bewegung zu unterbrechen oder zu hindern. 1)
Eigentlich. Die Zügel anhalten.
Wenn Chloe bey mir ruht, dann halte die Zügel an,
Kleist.
Die Pferde anhalten, vermittelst der Zügel. Die Pferde
im Laufe anhalten. In weiterer Bedeutung auch, den Wagen anhalten. Ein Schiff
anhalten, dessen Lauf unterbrechen. 2) Figürlich. (a) Zusammen ziehen, in
welcher Bedeutung die Ärzte gewisse stark wirkende Arzeneyen anhaltende
Arzeneyen zu nennen pflegen, adstringentia. (b) Die freye oder
willkürliche Bewegung einer Person oder Sache unterbrechen. Einen
flüchtigen Missethäter anhalten, ihn in Verhaft nehmen. Man hat ihn
auf der Flucht angehalten. Er ist in seinem eigenen Hause angehalten, in
Verhaft genommen worden. So auch Güter, Waaren anhalten, in Beschlag
nehmen. (c) Den freyen Willen eines andern durch fortgesetzte dringende
Bewegungsgründe zu etwas bestimmen. Einen zu etwas anhalten. Einen zum
Fleiße, zur Arbeit, zu allem Guten anhalten. Er ist zu lauter
nützlichen Beschäftigungen angehalten worden. Halten sie ja meine
Tochter zum Gebethe an, Gell. Man hat die Unterthanen angehalten, die Wege
auszubessern.II. Als ein Neutrum, welches mit dem Hülfsworte haben
verbunden wird, an etwas halten, d. i. an dessen Seitenfläche befestiget
seyn. [
311-312] 1. In der eigentlichen Bedeutung, als ein
Reciprocum, angreifen und fest halten, vornehmlich um seinen eigenen Fall zu
vermeiden. Sich an etwas anhalten. Hale dich fest an mich an, damit du nicht
fallest. Er hat sich an einen Baum angehalten.2. Figürlich, in einer
Bewegung oder Handlung fortfahren; ingleichen, ununterbrochen fortdauern. Die
Kälte hält noch immer an. Der Regen hat die ganze Nacht angehalten.
Sein Fleiß hält noch immer an. Das Fieber, die Krankheit hielt drey
Wochen an. Ein anhaltender Fleiß. Ein anhaltender Regen. Eine anhaltende
Krankheit. Anhalten mit Bitten, mit Arbeiten. Anhalten am Gebethe, wie Luther
übersetzt, für mit dem Gebethe anhalten, oder noch besser, anhalten
mit Bethen, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Anhalten mit Weinen, mit
Flehen, mit Ermahnen u. s. f. Auf gleiche Art kommt in dem Lateine der mittlern
Zeiten attenere für perseverare vor.3. Um Etwas anhalten, mit
Beyfügung der Bewegungsgründe darum bitten. Bey Hofe um ein Amt, um
Erhöhung der Besoldung, um Beförderung, um ein Privilegium anhalten.
Um eine Person anhalten, sie zu Gattinn verlangen.
Verreis und halt um Wilhelminen Für mich bey ihren
Ältern an, Gell.
4. Stille halten, welche Bedeutung zu der zweyten Bedeutung
das Activi gehöret. An einem Orte anhalten, mit dem Fuhrwerke daselbst
stille halten. Bey einem auf der Reise anhalten, aussteigen. Ingleichen, in
figürlicher Bedeutung, mit etwas anhalten. Mit der Arbeit anhalten, inne
halten, aufhören. Diese Bedeutung kommt indessen wenig vor, vermuthlich um
die Zweydeutigkeit, mit der vorher gehenden Bedeutung des Fortsetzens zu
vermeiden. [
313-314]