Der Abend
, des -es, oder -s, plur. die -e. 1) Die Zeit zwischen Tag und
Nacht, oder kurz vor und nach dem Untergange der Sonne. Es wird Abend. Es gehet
gegen den Abend. Der Abend überfiel uns. Der Abend brach an, da ich ihn
verließ. Diesen Abend will ich zu dir kommen. Auf den Abend sehe ich dich.
Gegen Abend. Mit dem Abend (d. i. bey Anbruch des Abends) in die Stadt kommen.
Zu Abend essen, im gemeinen Leben, d. i. die Abendmahlzeit halten. Guten Abend!
der gemeine Abendgruß; daher, einem einen guten Abend wünschen, sagen
oder biethen. Sprw. Ein feuriger Abend bedeutet einen heitern Morgen. Es ist
noch nicht aller Tage Abend, omnium dierum sol nondum occidit, Liv. In
figürlicher Bedeutung, besonders in biblischen R. A. bezeichnet Abend das
Ende einer gewissen bestimmten Zeit. Am Abend der jüdischen
Cärimonien. Um den Abend wirds Licht seyn, Zach. 14, 7. So auch in der
poetischen Schreibart für das Ende des Lebens, oder das Alter.Mein Abend
kommt heran, jetzt sollen Thränen rinnen, Can. 2) Der Tag vor einem Feste,
mit Beyfügung des Wortes heilig, oder auch des Nahmens Festes. Der heilige
Abend, der Pfingstabend, der Osterabend. So auch Fastenabend, der Tag vor dem
ersten Tage in der Fasten; Sonnabend, der Tag vor dem Sonntage, u. s. f. In
Oberdeutschland heißt der Tag vor einem Feste auch der Vorabend. 3) Die
Gegend am Himmel, wo die Sonne im Äquinoctio unterzugehen scheint, Westen.
Gegen Abend liegen. Der Wind kommt aus oder von Abend. In dieser Bedeutung hat
das Wort keinen Plural, wird auch nur mit den Präpositionen aus, gegen,
gen und von, ohne Artikel, ja ohne alle Abänderung gebraucht. Nur die
Dichter erlauben sich auch hier zuweilen Ausnahmen; so saget z. B. Dusch: die
letzten Inseln des Abends.Anm. 1) Nichts ist gewöhnlicher, als daß in
der Declination dieses Wortes im Singular das e in der letzten Sylbe verbissen
wird; am Abend für am Abende, des Abends für des Abendes. Allein da
es im Plural ohne alle Ausnahme ein e bekommt, so sollte es dasselbe auch im
Singular haben; weil es sonst eine Ausnahme von der Regel machen würde.
Einige der Alten sindhierin genauer. Ottfried sagt am Abande, und der Vers des
Rythm. de
S. Annone: Einis abindis.2) Von der biblischen R. A.
zwischen Abends
S. das Adv. Abends.3) Abend, beym Kero Abunt, beym
Notker Habant, beym Ottfried und Tatian Aband und Abant, Nieders. Avend, Holl.
Avent, Angels. Aefen, Engl. Even, Evening, ist bisher von dem alten in der
Hochdeutschen Mundart nicht mehr üblichen Zeitworte aben, absteigen,
abnehmen, abgeleitet worden, dessen Stammwort wiederum die Partikel ab ist.
Weil aber die nordischen Mundarten in diesem Worte wider ihre Gewohnheit
härtere Mitlauter haben, indem Abend bey den Isländern Apton, bey den
Schweden Affton, und bey den Dänen Aften heißt: so nimmt Herr Ihre
mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit das Isl. aptan, Goth. aftana, und Angels.
aeftana, nach, für das Stammwort an; so daß Abend eigentlich den
letzten Theil des Tages bedeuten würde. Von Abend hatte man ehedem auch
das unpersönliche Zeitwort abenden für Abend werden, so wie man von
Tag saget, es taget; Is abandet, beym Tatian. Die Holländer und gemeinen
Deutschen Mundarten haben es auch noch jetzt. Wachter hat schon angemerket,
daß Abend in der Bedeutung einer Himmelsgegend neueren Ursprunges ist. Die
Gothen nannten diese Gegend Saithqua, von Saitgan, ponere; die Angelsachsen
Westdael; die nordischen Völker Sol-biorg, gleichsam die Schlafstätte
der Sonne; die Franken und Alemannen aber Sedelgang d. i.
Niedergang. [
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